Unsane -- Psycho-Thriller auf iPhone gedreht; schon wieder die Zukunft des Films?

// 17:05 Mi, 31. Jan 2018von

Seit ein paar Tagen liest man im Netz mal wieder von einem Kinofilm, der komplett mit einem iPhone gefilmt wurde -- die Rede ist von Steven Soderberghs "Unsane", welcher seine Premiere auf der Berlinale feiern wird (Hauptsektion / außer Konkurrenz). Es ist nicht das erste Mal, daß Smartphone-Material auf großer Leinwand zu sehen ist (siehe zB. Tangerine), allerdings handelt es sich diesmal um einen Horror-Thriller für ein Mainstream-Publikum, gedreht von einem prominenten und ausgesprochen experimentierfreudigen Independent-Regisseur, über den schon oft in unserer Newsstrecke zu lesen war; in 2002 beispielsweise drehte Soderbergh "Full Frontal" auf MiniDV.


Seit Blair Witch Project (1999) weiß natürlich jeder, daß eine gruselige Bildqualität durchaus gut zum Horror-Genre passen kann -- doch wie Indiewire berichtet, soll Soderbergh, der selbst für die Kameraarbeit (sowie den Schnitt) verantwortlich ist, von der Bildqualität des iPhones höchst angetan sein und erwägen, auch künftige Filme damit zu drehen. Es sei gar "potentially one of the most liberating experiences that I´ve ever had as a filmmaker".



Soweit, so nicht neu, denn das ist ja im Grunde, was Filmemacher seit MiniDV über die digitale Filmtechnik sagen (obwohl damals die Bildqualität noch deutlich schlechter war), und lange dürfte es her sein, daß ein Filmprojekt am fehlenden Zugang zu einer bezahlbaren Kamera scheiterte. Im Gegenteil, verglichen beispielsweise mit Star-Gehältern und Teamkosten fallen die Mietausgaben auf diesem Niveau selbst für eine einigermaßen professionelle Kinokamera kaum ins Gewicht. Auch wer eine einfach zu bedienende Kamera sucht, findet seit Jahren bezahlbare Alternativen mit guter Qualität. Zu suggerieren, man könne jetzt Dank iPhone endlich den Film machen, von dem man immer geträumt habe, wirkt insofern etwas realitätsfern.



Im Vergleich zu einer RED (sonst Soderberghs Kamera der Wahl) dreht es sich selbstverständlich intimer und einfacher mit einem Smartphone, keine Frage -- Unsane soll in einer Woche abgedreht worden sein. Welches Setup dabei verwendet wurde, ist nicht klar, aber eine nicht unwesentliche Frage. Für professionellere Drehs wird ein Smartphone in der Regel im Rig verwendet, ggf. auch mit speziellen Objektiv-Vorsätzen, eine Stabilisation wird benötigt (Gimbal oä.) und der Ton separat aufgezeichnet. Zu einem etwas größeren Kamerasystem ist es dann von Umfang und Aufwand eigentlich nicht mehr weit. In der Crew-Liste zum Film ist denn auch das Sound-Department inkl. ADR (nachträglicher Vertonung) relativ gut besetzt.



Wir fragen uns daher, ob es nicht auch andere Gründe für die Kamerawahl geben könnte, die vielleicht mit Marketing zu haben könnten. Ob sich Apple an der Finanzierung des Films beteiligt hat, ist nicht bekannt -- doch warum sollte Soderbergh dem Technikhersteller ganz selbstlos die nicht unerhebliche Werbewirkung schenken? Letztes Jahr drehte ja auch Michel Gondry den 11-Minüter Détour mit dem neuen iPhone offiziell für Apple. Umgekehrt bekommt natürlich ein Kinofilm, der mit einem Smartphone gedreht wurde, auch deutlich mehr Medienaufmerksamkeit, und seit seinem letzten Film, Logan Lucky, kontrolliert Soderbergh nicht nur die Produktion, sondern auch die Distribution und Werbemaßnahmen selbst, und zwar letzteres erklärtermaßen mit sehr viel geringerem Budget als in Hollywood üblich. Da kommt etwas Guerilla-Marketing sicherlich nicht ungelegen... Wenn der Dreh dann auch noch Spaß gemacht hat, umso besser.



Doch ob der Film letztlich toppt oder floppt, hängt natürlich weniger von der verwendeten Kamera ab, als davon, ob es Soderbergh gelingt, eine interessante Geschichte zu erzählen. Ein Trailer ist bereits online:





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