Die Debatte darum, welche Art Filmdistribution einem "cinematischen" Anspruch gerecht wird -- muss es Kino sein oder reicht Streaming? --, flammt immer wieder auf. Nachdem die Netflix-Produktion Roma bei der letzten Academy Award-Verleihung diverse Preise abräumte, wurden wieder jene Stimmen laut, die einen exklusiven Kinostart als Bedingung für solch prestigeträchtige Auszeichnungen fordern. Tatsächlich gab es Vermutungen, die Oscar-Academy würde seine Auswahlkriterien dahingehend strenger formulieren.
Aus einer Mitteilung der Academy geht nun jedoch hervor, dass auch weiterhin solche Filme für die Nominierung zugelassen sind, deren Online-Distribution gleichzeitig mit einer Kinoauswertung anläuft, also sowohl auf großer Leinwand als auch im Streaming zu sehen sind. Ein ausschließlich im Internet angebotener Film ist somit nicht qualifiziert, doch schon ein sehr minimaler Kinolauf ist ausreichend -- so muss ein Film nur mindestens 7 Tage in einem (!) Kino im Großraum Los Angeles gezeigt werden mit 3 Vorstellungen pro Tag.
Auch im Rahmen der diesjährigen Berlinale hatte es Aufregung rund um eine Netflix-Produktion gegeben. In einem offenen Brief hatten sich über 180 unabhängige Kinobetreiber an Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Berlinale Chef Dieter Kosslick gewandt, um gegen die Aufnahme der nur für das Internet bestimmten Filmproduktion "Elisa & Marcela" im Wettbewerb zu protestieren. Netflix, so heißt es darin, wolle ein öffentlich gefördertes internationales Kinofilm-Festival als Werbeplattform für das eigene Angebot missbrauchen". Eine Stellungnahme des Internationalen Verbands der Filmkunsttheater (CICAE) faßte die Einwände so zusammen: "Netflix gefährdet die Strukturen des Kinos als Kulturort und die kulturelle Vielfalt des europäischen Kinomarktes. Zugleich werden die Filme der großen Leinwand und dem öffentlichen Diskurs entzogen."
Eine ähnliche Einstellung hat bekanntlich das Filmfestival in Cannes, welches im letzten Jahr beschlossen hatte, Filme ohne französischer Kinoauswertung nur noch außer Konkurrenz zu zeigen.