Kontrakt 18: Deutsche Drehbuchautoren fordern mehr Mitbestimmung - zu Recht!

// 10:47 Sa, 9. Jun 2018von

Es rumort schon lange im deutschen Film- und Serienproduktionssystem. Die Vorwürfe: Kreative Impulse gehen durch zu viele "Verantwortliche" allzu oft verloren, Projekte werden nach wenig transparenten Entscheidungsprozessen vergeben, Drehbücher werden bis zur Unkenntlichkeit immer wieder neu und von „noch günstigeren“ Autoren umgeschrieben etc.pp.. Netflix und Co aber auch clevere, weniger starr aufgesetzte Filmförderungen bsp. in Skandinavien zeigen mit aller Macht, dass es auch anders geht.


Eines der großen Probleme in der deutschen Film- und Fernsehproduktion ist die unbestritten viel zu schwache Position eines für das kreative Gesamtergebnis entscheidenden Parts: des Drehbuchautors /-autorin. Das jetzt veröfentlichte Manifest mit dem Titel Kontrakt 18 erinnert in weiten Teilen an das in anderen Ländern praktizierte Showrunner-Konzept, welches den Autoren deutlich mehr Beteiligung an der Umsetzung ihres Werkes ermöglicht.



Für Deutschland wäre die Umsetzung der Forderungen der Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren allerings eine Revolution des bisher üblichen. Hierzulande werden Drehbücher eher als eine Art unverbindlicher Vorschlag angesehen, der dann noch von allen an der Produktion Beteiligten überarbeitet werden kann - der/die Autoren sind in die Umsetzung ihrer Drehbücher oft nicht eingebunden, dementsprechend ist das Endergebnis - sei es ein Film oder eine Serie - oft recht weit entfernt vom ursprünglichen Drehbuch.



Der Zeitpunkt für die Forderungen ist gut gewählt, werden doch von immer mehr miteinander konkurrierenden Parteien wie jetzt auch den Kabelsendern und Streamingdiensten ganz erfolgreich deutsche Serien produziert, welche alle um gute deutsche Drehbuchautoren konkurrieren müssen.



Die Unterzeichner der Erklärung setzen den Produzenten sogar ein Ultimatum - sie wollen ab dem 1. Juli 2018 nur noch dann in Vertragsverhandlungen eintreten, wenn ihnen folgende Punkte zugesichert werden:



Punkt 1: 


Die Autorin/der Autor verantwortet das Buch bis zur endgültigen Drehfassung. Sämtliche Bearbeitungen des Buchs müssen von der Autorin/vom Autor autorisiert werden. 



Punkt 2: 


Die Autorin/der Autor hat Mitspracherecht bei der Auswahl der Regisseurin oder des Regisseurs. Die Entscheidung über die Besetzung der Regie wird einvernehmlich getroffen.



Punkt 3: 


Die Autorin/der Autor wird zu den Leseproben eingeladen.



Punkt 4:


Der Autorin/dem Autor wird das Recht eingeräumt, die Muster und den Rohschnitt zum frühestmöglichen Zeitpunkt sehen und kommentieren zu können. Der Autor/die Autorin wird zur Rohschnittabnahme eingeladen.



Punkt 5:


Die Autorin/der Autor wird bei allen Veröffentlichungen in Zusammenhang mit dem Filmprojekt (Pressemitteilungen, Programmhinweise, Plakate etc.) namentlich genannt und zu allen projektbezogenen öffentlichen Terminen eingeladen. 



Punkt 6:


Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner verpflichten sich dazu, Aufträge zu Buch-Überarbeitungen (Rewrites, Polishing u. ä.) nur anzunehmen, wenn sie sich zuvor mit den aus dem Projekt ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen verständigt haben.



Zu den momentan 95 (es werden allerdings laufen mehr) Unterzeichnern des Manifests zählen die Autoren/Autorinnen vieler bekannter Serien: Rolf Basedow (Im Angesicht des Verbrechens), Anika Decker (Keinohrhasen), Hanno Hackfort und Bob Konrad (You are Wanted, 4 Blocks), Dorothee Schön (Charité), Orkun Ertener (KDD), Kristin Derfler (Brüder), Annette Hess (Weissensee, Ku&damm 59), Volker A. Zahn (Das Leben danach) - die natürlich zusätzlich auch oftmals auch zu den Autoren solcher deutscher Serien-Dauerbrenner wie SOKO, Tatort oder Polizeiruf 110 zählen. Mehr Mitbestimmung und Beteiligung der Drehbuchautoren/innen würde der Qualität deutscher Filme und Serien sehr zuträglich sein - in diesem Sinne hoffen wir, daß die Produzenten auf die Forderungen der Autoren eingehen.



UPDATE 12.06.2018: In einem sehr interessanten Interview in der FAZ erläutern einige der Drehbuchautoren/-autorinnen nochmal ihre Positionen.



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